sz-online, 13.01.2009: roibusch für alle!Von heinrich löbbersDer Musik-Komödiant Rainald Grebe erregte sich inDresden über Alt-68er und Bionade-Biedermeier. Und das soll lustig sein? Wie ein erwachsener Mann ein Kondom über den Kopf zieht und aufbläst. Wie er sich eine Langhaar-Perücke aufsetzt oder eine Stoffhuhn-Mütze. Oder wie der Schlagzeuger einen Pferdekopf trägt oder einen Stoffhasen als Haschisch-Pfeife missbraucht. Hahaha. Klamauk, Klimbim, Killefit. Normalerweise. Die Mätzchen, die Rainald Grebe auf der Bühne treibt, sind mehr: grober Unfug mit tieferer Bedeutung. Sein Nonsens ist nur so absurd wie das stinknormale Leben. Grebe ist kein Blödelbarde, vielmehr ein bitterbös-bissiger Beobachter, der die Abgründe des Alltags besingt. In Liedern, die so grotesk wie genial sind. Mit Texten, die aus Phrasen, Fetzen, Zitaten und Geistesblitzen gepuzzelt sind. Pangasius und Kinderyoga Mit seiner zweiköpfigen "Kapelle der Versöhnung" stellte Grebe am Sonntag das ausverkaufte Dresdner Schauspielhaus auf den Kopf. Es war ein Fest fürs Zwerchfell, ein Ritt durch die Zeit zwischen 1968, als "Revolution bei Vollbeschäftigung" gemacht wurde, und 2050, wenn in Sachsen die krossen Mädchen auf Palmen wachsen werden. Der Herr Grebe, Jahrgang 1971, saß in karierter Weste auf einer leeren Kiste Jever-Pils und klagte: "Die 68er sind an allem schuld." Denn: "Vorher waren alle froh, da waren auch alle hetero." Was Grebe aufspießt, gibt er der Lächerlichkeit preis. Aber er zielt nicht auf die Mächtigen, wie es Polit-Kabarettisten bevorzugen, noch auf die prollige Unterschicht, wie es viele Fernseh-Comedians mögen. Grebe trifft die Mitte, sein eigenes Publikum, und zwar in die Magengrube. Die Spießer von heute sind für ihn die "Bionade-Biedermeier", die beim Bügeln Klezmer hören, Pangasius-Filet essen und ihre Töchter zum Kinderyoga schicken. Roibusch für alle!, heißt ihre Parole. Grebe stellt fest: "Rock'n'Roll sieht anders aus." Der Osten hat's dem gebürtigen Kölner angetan. Thüringen hat besungen ("Das Land ohne Prominente"), Brandenburg ("Ich fühl mich so leer, ich fühl mich Brandenburg) und Mecklenburg. ("Arm wie eine Tüte Sand"). Als Zugabe gab's nun in Dresden das Sachsen-Lied: "Kennst du das Land, wo die Datteln wachsen? Das ist Sachsen!" Klimawandel hat nämlich auch Gutes: Chianti aus Chemnitz und Bordeaux aus Bautzen. |
Mittwoch, 14. Januar 2009
sz-online - roibusch für alle!
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